"Komm' doch zum Queer Cup am 4. Juni in den Inselpark (= Wilhelmsburger Schwimmhalle) – da ist ein cooles Schwimmfest!" – dieser Einladung meiner Trainingsgruppe musste ich folgen, denn eine meiner Lieblingsstrecken lockte, eine seltene Gelegenheit. 400m Freistil – nach einem harten Trainingsblock möchte ich wissen, ob sich leistungsmäßig die Schinderei gelohnt hat, oder mein innerer Schweinehund im Sommer doch von der Kette darf.

 

Das der Queer Cup ein kleinwenig anders ist, hatte ich wohl schon registriert, aber ehrlich – ich hatte keine Ahnung, auf was ich mich da einlasse. Fest steht: Egal, was für ein Wettkampf – welcher Rahmen – man stelle mich bitte pünktlich auf den Startblock und ich gebe mein Bestes.

Hier aber hätte ein genauerer Blick auf die Ausschreibung gelohnt. So landete ich ziemlich verschlafen am Samstag morgen in der Schwimmhalle (und ich war schon dankbar, dass diese erst um 9.00 Uhr den Schwimmern öffnete) und wunderte mich über die hübschen bunten Verkleidungen, über die dem Klischee vollkommen entsprechenden Verhütungsmittelausgabe (?!) am Eingang und über die laute, muntere Regenbogenmusik. Und das mal ganz abgesehen von den großflächigen *leicht* bekleideten Männerpaaren auf den Postern.

 

Wer jetzt weiterliest – es bleibt jugendfrei – schließlich ist der Queer Cup ein ernsthafter Schwimmwettkampf!

 

Die Inselpark-Halle hat zwei Becken, das eine ist öffentlich mit normalen (besser formuliert hier: Jedermann-)Badebetrieb – das andere ist ein Trainings- und Wettkampfbecken, in welchem Wasserball gespielt, als auch geschwommen wird. Heute allerdings pustete der Aufbautrupp die Staubschicht von der Zeitmessanlage und die Anzeige zeigte nicht mehr nur die Wasserballuhr, sondern die kommenden Zieleinläufe an.

Es herrschte schon früh rege Betriebsamkeit. Schon gleich war zu spüren, dass hier der Sport zwar der roten Faden des Tages war, aber das Meeting international (Frankreich, Belgien, Irland, Spanien, Tschechei usw.) ein großes Wiedersehen der Sportler feierte.

Ein bisschen war ich erleichtert, nicht ganz alleine zu sein – denn ein paar bekannte Gesichter aus Hamburg traf ich natürlich auch, die Stadt ist klein. Aber tatsächlich fühlte ich mich ein wenig unzugehörig, was sich aber im Laufe des Wettkampfes gab. Freundliche Stammgäste klärten mich also auf, wo ich mich hier eigentlich befand. Auf diesem Schwimmfest bin ich wohl als einzige Frau mit einem Mann verheiratet, aber das war gar nicht schlimm.

Die Kampfrichter marschierten ein und wurden mit ordentlich Applaus auf ihre Positionen geschickt.

Eine nette Geste, wenn man auf den anderen Schwimmfesten diesen Einsatz eher als selbstverständlich sieht. Das fand ich toll!

Frauen und Männer starteten gemixt – kurz war ich verunsichert, ob denn auch eine gemeinsame Platzierung bevorstand, aber diese Sorgen waren vollkommen unbegründet. Die 400m-Strecken liegen meist gegen Ende des Abschnitts, also konnte ich einer Menge Schwimmern zugucken, die auf den kurzen Strecken beachtliche Zeiten erschwammen. Gestartet wurde nach Meldezeit, die Langsamen fingen an, die Schnellen kamen in den späten Läufen.

Zwischendurch donnerte fröhliche Popmusik durch die Halle – leider habe ich vergessen, wie das stark geschminkte Gummitierchen hieß, welches als Maskottchen die Kampfrichter mit Süßigkeiten versorgte – es war ein passender Name, der auf meinem Planeten aber selten fällt. Auffällig war tatsächlich, wieviele Männer vom anderen Planeten knappe Wasserballbadehosen trugen (und sich diese knappe Bekleidung auch durchaus leisten konnten!) – bei den Damen gab es so gar nicht übermäßig bunte oder ausgefallene Badebekleidung – Frau trägt finataugliche Kneeskins – klar: Schwimmzeiten sind Schwimmzeiten.

Das Feld gestaltete sich als durchwachsen, jeder bewies, was er (noch so oder schon so) kann und das Anfeuern von der Tribüne war nicht zu überhören. Mir fiel allerdings auf, das Leistungen von den Schwimmern hier anderes beurteilt und kritisiert wurden. Es galten klare Zielformulierungen – das kannte ich bisher von den DMS und den Weihnachtsschwimmen nicht. So unverblümte sachliche Kritik gab es bisher nicht. Andererseits wurde sich auch ehrlich über Erfolge gefreut und das nicht zu knapp.

Meine 400 Meter brachte ich gut ins Wasser (5.33 min), ich freute mich über einen zweiten Platz, genau so wie über den zweiten Platz der 100 Meter Freistil (1:13), die ich im zweiten Abschnitt schwamm. Dafür gab es je zwei Silbermedaillen, persönlich überreicht von Mr. Leather Hamburg und dem gefühlt 2 Meter großen Maskottchen – Bussibussi.

– Danke für die riesige Menge Informationen über Probleme und smarte Lösungen zum Thema "homosexueller Leistungssport". –

Mir ist es wichtig, den beiden Damen zu danken, die mich darüber so lieb aufgeklärt und alle meine doofen Fragen beantwortet haben – und natürlich, dass ich vom anderen Planeten überhaupt mitmachen durfte, denn an diesem Tag wurde ich ja toleriert. Ich finde es traurig, dass wohl immer noch so große Berührungsängste vorhanden sind und es Extra-Sportwettbewerbe geben muss, um sich unbehelligt sportlich miteinander zu messen.

Link zum Event: https://www.hamburg-queer-cup.de/home.php 

 

Bericht und Foto von Chrischi