29.08.2015
Endlich mal weniger als 30 Minuten Anfahrt zum Wettkampf! Der letzte Treff der norddeutschen Langstreckenschwimmer findet im Strandbad Arriba in Norderstedt statt. Wir müssen endlich mal nicht mit den Hühnern aus dem Bett, über keine Autobahn hetzen und das Rahmenprogramm ist bekannt.
Letztes Jahr sind wir hier mit der befreundeten Laufgruppe "opensports Hamburg" als Staffel geschwommen, dieses Jahr wollen wir aber alleine noch ein paar Kilometer sammeln – wir sind ja grad so gut in Form. So meldete Andreas die 2.500 und ich die 5.000m, um mit den Damen, mit denen ich schon in vielen diesjährigen Rennen das Wasser geteilt habe, noch einen tollen abschließenden Wettkampf zu schwimmen. Die „Szene“ der Langstrecklerinnen, die sich an die großen Sachen traut, ist eher klein und der Umgang – ich kann es immer nur wieder betonen – recht herzlich. Dieses Mal sogar schon vor dem Rennen. Wir haben kaum unseren Rucksack abgestellt, da waren wir schon tief in die Erfahrungsberichte der letzt verbrachten Abenteuer getaucht.
Das Wetter hierzu war königlich, das Strandbad gut besucht. Wir kamen genau zu der Zeit, als die 1.250m starten, so konnten wir uns versichern, das die Bojen auf dem gewohnten Kurs liegen und es keine Schwierigkeiten geben würde. Windstill war es auch, so dass Laborbedingungen herrschen – heute endlich ist mal eine verlässliche Schwimmzeit zu erwarten.
Andreas ist als Erster dran. Da es uns freigestellt war, ob Neoprenanzug oder nicht, nehmen wir die „Schwimmhilfe“ gern an. Er pellt sich in die schwarze Haut und stapft mit zwei Freundinnen aus seiner Laufgruppe zum Start. Dieser erfolgt im tiefen Wasser aus der Schwimmlage. Ein bisschen Schwierigkeiten macht die Badekappe auch dieses Mal, denn sie ist Andreas viel zu klein.
Außerdem steht Babyblau den Männern nur bedingt. Startsignal, und die Schwimmer preschen los. Zwei Runden um den See, sorgsam bewacht von der DLRG. Sie achtet auf Einhaltung der Strecken, das Umschwimmen der Bojen und auch darauf, dass hier keiner in Not gerät. Aber leider hat sie kein Auge für das „Zwischenmenschliche“ – es sind eben Retter und keine Schwimmer.
Andreas behauptet eine gute Zeit und schwimmt auf den zweiten Altersklassenplatz und schafft mit 44.45 Minuten fast eine Schnapszahl. Vom Einlauf bekomme ich schon nichts mehr mit, denn wir 5.000er starten quasi über Kopf und so bin ich schon im Wasser, als Andreas durchs Ziel sprintet. Gleiche Strecke aber vier statt der zwei Runden. Noch an der Startlinie werden im Scherz die Plätze verteilt.
Die lange Strecke startet, es geht gleich richtig los. Da ich mir schon seit Tagen Sorgen um das Rundenschwimmen machte, stand meine Renntaktik auf sehr unsicheren Beinen. Rundenschwimmen mag ich wegen des hohen Frustpotenzials nicht, Strecken von hier nach dort sind besser, weil man Schwierigkeiten erst dann erkennt, wenn es sie zu bewältigen gilt und dann sicher sein kann, nicht noch einmal durch zu müssen. Aber Norderstedt ist eine dankbare Strecke. Die Schwierigkeiten liegen eher woanders und viermal um den Pudding zu schwimmen, ist ok.
Andreas trägt eine GPS-Uhr und es ist erstaunlich, welche wilden Wege zwischen den Bojen so möglich sind. Ein Glück, dass meine Wege nicht „verfolgt“ werden, das würde wohl NOCH wildere Schlangenlinien geben…
5.000m liegen so gar nicht in meinem Streckenrepertoire. Entweder >10.000m oder <3.600m – 5.000m ist für mich so was wie eine Mittelstrecke. So ging mir gefühlt nach zwei Runden schon langsam der Druck im Armzug flöten. Aber auch wenn die Arme taub sind und ich zwischendurch mit Seitenstechen, einer Linksatmungsschwäche und schlecht sitzender Kopfbedeckung kämpfte – Bangemachen gilt nicht!
Hässlich war der Typ, der hinter mir schwamm und ständig meine Füße anfasste. Man kann sich das vorstellen wie eine Mischung aus Kitzeln und Kratzen. Irgendwie wechselt meine Haut im Wasser von „normal“ auf „aufgeweicht“ und ständig Fingernägel an der Fußunterseite zu spüren, ist extrem unangenehm. Normalerweise klären sich solche „Platzierungen“ schnell, nach maximal 150m entscheidet sich der Schnellere zum Überholen. Mein Verfolger blieb aber zweieinhalb Runden hinter mir. Bei jeder eingebauten Schlangenlinie… Die Runden konnte ich so überhaupt nicht genießen und hätte mir gern einen Schiedsrichter oder Abstandhalter gewünscht.
Die letzte Runde konnte ich dann wieder bei mir sein und endlich in Ruhe schwimmen. Ich merke die Anstrengung der letzten Wettkämpfe sehr und meine Schwimmtechnik ist heuer nicht mehr wirklich sehenswert. Mir graust es vor dem Schwimmbecken-Wettkämpfen... Aber dafür rettete ich eine gute Zeit (ich wollte unter 1:30 schwimmen) und kam mit 1:27 aus dem Wasser – Platz 3 der Damen gesamt und einen 1. Altersklassenplatz. Aus Scherz wurde Ernst, denn die Verteilung der Plätze war tatsächlich so, wie gewettet.
Als Randnotiz wäre zu erwähnen, dass Andreas sich endlich für das Warinschwimmen gerächt hat: Er stand für meinen Zieleinlauf schon umgezogen und frisch gekämmt an der Ziellinie. Das ist für uns das Zeichen „Hase und Igel“ – oder „ick war all da“. Wir können uns wirklich über das gelungene Saisonfinish freuen und übergeben gern wieder den Beckenschwimmern den Berichtstaffelstab.
Die Veranstaltungshomepage mit Ergebnissen und Fotos:
http://norderstedt-langstreckenschwimmen.de/
Bericht und Fotos von Chrischi