Samstag, 25. Juli 2015
Im Auge des Sturms – Zeljko plant ein Wochenende
Meine Wochenenden haben im Büro unter den Kollegen großes Unterhaltungspotenzial. Doch dieses ist einer der wirklich verrücktesten. Freitag Abend machen wir uns auf den Weg, um Samstag allen widrigen Wetterprognosen zum Trotz am Warnowschwimmen in Rostock teilzunehmen.
Das ist der zweite Tourstopp auf unserer Freiwasseraufgabe – dem Mecklenburger Allrounder 2015.
Angemeldet sind wir schon lange. Die Einschreibung mit den Startunterlagen gibt es aber schon empfindlich früh vor den Bürogebäude der AIDA direkt an der Hafenkante. Ein ganz schön wuchtiges Angebergebäude, wie wir finden. Rostock macht sich, es entsteht direkt gegenüber der Innenstadt ein kleines Abbild der Hamburger Hafencity, genauso schick wie teuer.
Aber wir wollen hier ja nicht für immer bleiben. Die Zelte stehen schon, hektisches Gewimmel auf dem Gelände. Der Eurawasser-Stand und somit der Hauptsponsor steht schon bereit – die Edeka-Crew baut noch und schnippelt im Akkord leckeres frisches Obst. Zum Zeichen, dass wir nicht die Oberstreber sind, tragen wir kurz drauf die Startnummern 42 und 43 auf den Armen (hier wird nach Erscheinen nummeriert). Die Regeln klar: Kein Neopren, kein Reißverschluss, keine Borat-Männerbikinis. Es gibt sogar einige DSV-Pinguine in weiß, die auf die Einhaltung der Regeln sorgsam achten.
Wir haben noch etwas Zeit, die Sonne scheint, die Warnow plätschert so gemütlich vor sich hin – beste Bedingungen. Wie war das noch am Tag vorher in den Nachrichten? Da war vom ganztägigen Weltuntergang die Rede, Dauerschauer und Gewitter mit Sturmböen *grusel* – davon ist zum Glück noch lange nichts in Sicht. Wir schwitzen, während wir uns Achseln und Hals gegen das Wundscheuern einschmieren.
Irgendwie geht dann alles ganz flott. Von einem Ponton rein ins Wasser, 2 Minuten einschwimmen – die Warnow hat 19/20 °C – und schon piept der Schiedsrichter seine Signale. Das Rennen beginnt in einem Viereckskurs gegen den Uhrzeigersinn. Die Betonnung ist etwas anspruchsvoller als in Gerifswald, denn hier liegen nicht nur die Wettkampfbojen, von denen nicht einmal alle für diese Strecke gelten. Hier gibt es Stellnetze, Aalreusen, Seezeichen und ein Heer von DLRG-Booten. Gut, dass ich nicht alleine schwimmen muss.
Eigentlich wollte ich gar nicht soviel Gas geben, denn morgen muss ich gleich wieder ran, dann aber nicht nur über niedliche 2.200m Warnow, sondern auf die 14.000m in der Wakenitz. Aber als es losging, schmiss ich alle guten Vorsätze über Board und keulte los. Es galt, meine Zeit des Vorjahres zu verbessern – mehr ist hier nicht drin, denn Rostock verfügt über eine Menge motiviertem Leistungsschwimmernachwuchs, der mir schon mit 14 Jahren zeigt, dass ich ne alte Dame bin.
Andreas hielt sich streng an sein diesjähriges Motto: Bloß nicht mitten in der Menge starten. Das er außen, wo er stand am Ende auch noch Vorteile hatte, war aber reines Glück. Unglücklich am Start war, dass sich ein älterer langsamer Schwimmer jenseits der 70 an die Startleine traute, anstatt aus der zweiten Reihe. Nicht nur ich musste an ihm vorbei – halb über ihn drüber, denn am Start hat man keine Wahl. Links oder rechts ausweichen geht nicht, überall sind rotierende Arme und tretende Beine. Ich hoffe, der ältere Herr ist hart im Nehmen, denn obwohl ich so vorsichtig wie möglich war, hinter mir kamen noch ne Menge Raketen.
Die Warnow ist Brackwasser, für norddeutsche so ungenießbar wie Apollinaris. Salzig schal eben, aber es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken und Alternativen eh nicht. Ich freue mich zumindest auf das "härtere" Süßwasser der nächsten Zeit.
Die erste Boje bekam ich in der Aufregung nicht mit, einfach hinter der Menge der Arme hinterher. Als es dann auf die Gegengerade ging, kam das große Glück der Strömung dazu. Wir flogen an den Stellnetzen vorbei, lange schwamm ich neben einer schon bekannten Konkurrentin, die mich am Ende doch noch ordentlich abhängte, aber ich hielt mich vorerst tapfer. Dritte Boje – ich wartete auf den Turbo, denn der Esel kennt bekanntlich den Weg zurück in den Stall. Hier machte mir aber die DLRG einen Strich durch die Rechnung und warf durch ihre Motorboote ordentlich Welle auf. Auch war der Gestank der Abgase der Außenborder zum Brechen. Ich kämpfte, pflügte durch und kam endlich auf Kurs zum Anschlagbrett. Hier einmal kräftig buzzern (Zeitnahme manuell kann man schon mal mit einem kreativen Finale krönen) – und ich war drin. Das Buzzern ist übrigens das allerbeste an dem Event!!
Andreas folgte wenig später. Er hatte sich auf einem Zickzack-Kurs vertrödelt und sich an die Vereinbarung, sich für den morgigen Wettkampf zu schonen, gehalten. Am Ende brummte er mir nur ein beleidigtes "Du Biest" zu und genoss es, endlich im Ziel zu sein. Zur Besänftigung gab es vom Verpflegungsstand Pasta und frisches zurechtgeschnittenes Obst mit gaaanz viel Melone. Genau das Richtige für diesen Tag, denn die Sonne schien immer weiter (komische Gewitterschauer).
Zur Siegerehrung durfte ich dann wieder angeben: 2ter AK mit einer 32er Zeit. Ich habe mich um etwa vier Minuten verbessert und die Freude über den Platz ließ mich die Sorge um den Marathon am nächsten Morgen vergessen. Andreas ist mit seinem 6ten AK-Platz auch ganz zufrieden. Es darf sich entspannt werden.
Das Warnowschwimmen ist ein tolles Event, denn nicht nur die 2200m werden hier geschwommen, sondern auch eine 500m Strecke, sowie für die Kinder 200m und eine 50m Strecke für die Seepferdchen [siehe Foto], die sich trauen, Freiwasserluft zu schnuppern.
Kurz nach der Siegerehrung erlebten wir dann endlich die Ausläufer des Tiefdrucks auf dem Weg nach Hamburg zurück [siehe Foto]. Schauer, Böen – wir hatten großes Glück mit dem Event. Manchmal lohnt es ich, NICHT auf den Wetterbericht zu hören.
Fotos, Eventinfos und Ergebnisse vom Veranstalter auf dessen Homepage:
http://www.warnowschwimmen.de
Homepage zum Mecklenburger Allrounder
https://www.facebook.com/GermanAllrounderOpenWaterCup
Bericht und Fotos von Chrischi.